Ein „Weiter so“ ist bei den wenigsten Hilfsorganisationen möglich. Die Krise bringt neue kreative Projekte hervor und laufende Angebote sowie Leistungen werden so umgestellt, dass den Menschen weiter geholfen werden kann. So auch beim Malteser Hilfsdienst e.V. Wir haben mit Gereon Schomacher, Referent Ehrenamt und Verbandsentwicklung der Malteser, gesprochen.
Welche neuen Projekte sind durch die Corona-Pandemie bei den Maltesern entstanden?
Ein ganz neues Projekt, das durch die Corona-Pandemie entstanden ist, ist der Malteser „Einkaufsdienst“. Darin unterstützen wir Menschen, die sich besonders vor dem Corona-Virus schützen müssen. Also vor allem ältere und kranke Menschen. Diese können sich unter der 030 / 348 003-300 melden. Unsere ehrenamtlichen Helfer*innen nehmen den Einkaufszettel telefonisch entgegen und kümmern sich um die Einkäufe oder Apothekenbesuche für benötigte Medikamente. Auch schön finde ich die Idee der Geflüchteten zusammen mit den Integrationslots*innen. Diese haben Masken genäht und an Senioreneinrichtungen, Unterkünfte für Geflüchtete, Behindertenwerkstätten und Suppenküchen gespendet.
Ich habe auch von der Malteser „Redezeit“ gehört. Was genau steckt dahinter?
Die „Redezeit“ hatten wir schon vorher. Durch die aktuelle Situation haben wir das Projekt aber noch einmal beworben, weil soziale Kontakte aktuell – Corona-bedingt – seltener sind. Das merkt wahrscheinlich gerade jeder. Die „Redezeit“ ist ein telefonischer Besuchsdienst gegen Einsamkeit. Darauf haben wir dann auch viele Rückmeldungen bekommen, sowohl von Leuten die angerufen werden wollen, als auch von Leuten, die selbst telefonieren möchten. Es handelt sich dabei um keine Seelsorge, es geht eher darum ganz frei miteinander zu sprechen. Da ist das Thema Corona oft ein Einstiegsthema, weil es allen gerade ähnlich geht.
Betreutes Wohnen und Hospizarbeit
Wie geht es denn den Senior*innen im Betreuten Wohnen, in denen die Malteser soziale Dienstleistungen anbieten?
Natürlich vermissen auch sie die Interaktion, die sozialen Kontakte und die Programme bzw. Veranstaltungen, die sonst regelmäßig in den Gebäuden stattfinden würden. Wir versuchen aber das Beste daraus zu machen: Wir bieten ab und zu eine Sportstunde auf dem Hof an, bei der die Senior*innen auf dem Balkon mitmachen können oder ein Tenor singt im Hof für die Senior*innen. In unserem Jugendbereich haben wir auch die „Postbrücke“ eingerichtet. Die Malteser Jugend, die sonst im Schulsanitätsdienst oder in anderen Bereichen aktiv ist, schreibt Postkarten an alleinlebende bzw. einsame Menschen. Mit dieser „Postbrücke“ können wir zumindest einen kleinen emotional-sozialen Beitrag leisten.
Die Hospizarbeit der Malteser läuft noch weiter. Wie genau habt ihr euch auf die aktuelle Situation eingestellt, sodass ihr trotzdem noch für die Menschen da sein könnt?
Wir haben in der Hospizarbeit vor allem auf die telefonische Begleitung umgestellt. Dadurch, dass wir vorher schon eine persönliche Vertrauensbasis aufbauen konnten und die Jeweiligen daher ein Gesicht zur Stimme im Kopf haben, wurde der Umstellungsprozess auch gut angenommen. Wo es möglich ist, nutzen wir auch Skype oder Zoom zur Videotelefonie. Besonders bei Kindern, die wir begleiten, da ein Elternteil schwer krank ist oder sich im Sterbeprozess befindet. Da sind wir regelmäßig im Kontakt, spielen über Videotelefonie oder lesen etwas vor. Für die telefonische Begleitung haben wir uns Tipps von der Telefonseelsorge und von Krisendiensten geholt, weil es für uns auch ein neues Feld ist.
Was hast du aus der Krise gelernt?
Digitalisierung ist machbar. Durch die Not akzeptieren nun auch neue Personengruppen die Digitalisierung und das erleichtert die Absprachen. Es zeigt sich auch vielmehr als im normalen Alltag, wie wichtig gute interne Strukturen sind, damit man sich gut absprechen kann. Das wird mir nochmal deutlich. Und, was ich persönlich wieder erlebe ist: Dieses Land ist kein Land von Egoisten. Das haben wir schon 2015 bei der Hilfe für Geflüchtete gemerkt und jetzt wieder. Das ist sehr motivierend.
Engagiert in der Coronazeit | Gut & Umgestellt
Fotos: Malteser Hilfsdienst e.V. | Aktualisiert: 14.05.2020